Vision Gesundheit #5
Daniela und Wolfgang – die Autoren der Vision.
Wo stehen wir an und wieso? Wir haben folgende Herausforderungen identifiziert.
In einer stärker individualisierten Medizin ist die partnerschaftliche Erarbeitung von Therapiezielen zwischen Patient:innen und Therapeut:innen die Grundlage für die Planung von diagnostischen und therapeutischen Schritten. Auf der Basis von adäquater Information geben Patient:innen ihr Einverständnis für alle Massnahmen (“informed consent”).
Mangelnde Gesundheitsförderung bzw. zu geringe Krankheitsprävention führen zu einem Mehr an zu behandelnden Krankheiten. Die Begrenztheit der (öffentlichen) Mittel erfordert eine Einschätzung des Nutzens der eingesetzten Mittel. Der Nutzen vieler diagnostischer und therapeutischer Massnahmen ist gelegentlich unbekannt oder unbewiesen, nicht transparent dargestellt oder das Wissen nicht schnell verfügbar. Die Übertragbarkeit von statistisch gesichertem Wissen auf die individuelle Anwendung ist eine Herausforderung.
Auf der Plattform der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAWM) finden sich Vorschläge zum Thema “Smarter Medicine”, d.h wie die Medizin “intelligenter” vorgehen könnte:
https://www.samw.ch/de/Projekte/Uebersicht-der-Projekte/smarter-medicine-choosing-wisely.html
Eine weitere volkswirtschaftlich grundlegende Herausforderung besteht darin, dass es bislang nicht gelungen ist, die steigenden Gesundheitskosten effektiver zu beschränken. Auch hier kann Transparenz helfen, „bessere“ Preise zu bestimmen und regulatorisch zu nutzen.
„Es wird Transparenz über Nutzen und Kosten von Behandlungen geschaffen, die zu einer besseren Versorgung genutzt wird.“
Um die Vision Wirklichkeit werden zu lassen, empfehlen wir die folgenden Massnahmen.
Für eine individualisierte Medizin sind zwischen dem Arzt und dem Patienten Guidelines für ein individualisierte Medizin und entsprechende Prävention zu erarbeiten. Solche Guidelines erfordern eine fachliche Unterstützung («Guideline für Guidelines»; Bereitstellen von Vorlagen bzw. Templates), andererseits administrative Unterstützung, die dem Arzt und den Patient:innen zugänglich gemacht werden. Dies ist eine Aufgabe für die Fachorganisationen der Ärzte, Kliniken und Apotheker, die sich in Form einer konzertierten Aktion unter Einbezug des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und der Kantone zusammensetzen. Guidelines sind die Grundlage für eine aufgeklärtere Beziehung zwischen Arzt und Patient:innen
Gute Guidelines sind immer auch individuell. Der PatientIn muss zusammen mit dem Arzt Gesundheits- und Präventionsziele definieren. Diese werden regelmässig angepasst.
So können sie mit einem Arzt ihrer Wahl ein Gesundheitskonzept ausarbeiten. Dafür wird die Krankenkassenkarte als Speichermedium weiterentwickelt. Abrufbar sind auch Ausschlusslisten, die Behandlungen auflisten, die sich als wenig hilfreich erwiesen haben.
Eine moderne Krankenkassenkarte weist durch ihre neuen Funktionen Coaching- Funktionen auf, indem mit ihr über KI-Koppelung individuelle Empfehlungen für ein gesundheitsbewusstes Leben gegeben werden, die der Patient mit dem betreuenden Arzt abstimmen kann. Sie kann auch (unter Consent) Daten an den Arzt weiter liefern, v.a. soll sie die Daten nutzen, um konkrete Verhaltensempfehlungen zu geben.
Es wird eine deutlich bessere Preistransparenz von öffentlichen Stellen (BAG) umgesetzt. Hier geht es darum, die Kosten einzelner Behandlungen als auch Arznei- und Hilfsmittel in der Schweiz (ggf. qualitätskorrigiert) denen im EU-Ausland gegenüberzustellen, auch interkantonale Vergleiche sind durchzuführen. Hieraus sind Kostenindikatoren abzuleiten, die besagen, um wie viel Prozent die Schweiz (ein Kanton) teurer in den einzelnen Leistungsbereichen ist. Diese Transparenz geht in die Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern ein und ist Grundlage für allfällige regulatorische Eingriffe..
Der Staat soll sich weiter kostensenkend in diese Abstimmungsprozesse einmischen können – Stichwort “Tariferhöhungsbremse”. Heute werden zwischen den Leistungserbringern und den Krankenkassen Tarife für sogenannte DRG (diagnostic related groups) verhandelt, teils ohne Einigung (die Kantone Defizite übernehmen teils auch Defizite). Hier kann der Staat stärker administrativ in die Preise der Leistungserbringer eingreifen und Preisobergrenzen oder im Extremfall auch administrierte Vergleichspreise setzen (beides auf Basis der Kostenindikatoren).
Greifen die Kantone subsidiär bei der Finanzierung ein, so sollen sie das Recht haben, bei den Tarifen für das nächste Jahr preisliche Vorgaben machen zu können (bspw. eine Absenkung um x %).
Des Weiteren ist eine Einheitsapotheke zu schaffen, die günstig für die gesamte Schweiz einkauft und v.a. Generika zu staatlich regulierten Preisen abgibt. Zumindest sollte es eine Generikapflicht geben und einen zentralen Einkauf. Wirkungsgleiche teurere Medikamente sollten im Regelfall gegen eine Kostenbeteiligung der Patienten abgegeben werden.
Ein Pilotversuch einer Einheitskrankenkasse wird erprobt, um herauszufinden, ob diese tatsächliche oder nur vorgestellte Vorteile hat.
Eine Visualisierung dieser Vision.
Auf der Karte/Chip sind drei Arten von Informationen: Private (diese stehen nur den Patienten zur Verfügung), freigebbar (diese kann der Patient freigeben), öffentlich (für alle Leistungserbringer verfügbar). Die KI kann alle Informationen auf der Karte verwenden und individuelle Guidelines entwickeln.
In der Energiewirtschaft gibt es eine Sunshine-Regulierung: https://www.elcom.admin.ch/elcom/de/home/themen/strompreise/sunshine.html
Diese weist Indikatoren zu Kosten und Qualität der Leistungserbringer aus. Ähnliches ist in der Gesundheitswirtschaft zu nutzen, d.h. dass das BAG über einen solchen Vergleich im Internet eine öffentliche Transparenz zwischen den Leistungserbringern schafft.
Man beachte, dass hier Transparenz der erste Schritt ist. Der Staat sollte “androhen” können, dass bestimmte überteuerte Leistungen nicht einfach von der Gemeinschaft der Versicherten übernommen und auch nicht von ihm (wie teils heute) nachträglich gezahlt werden, ohne dass daraus zumindest für die Leistungserbringer relevante Preissenkungen im Folgejahr resultieren.
Wir danken Daniela und Wolfgang ganz herzlich für ihren Beitrag. Die Ideen und Texte sind im Rahmen des Projekts „Vision Schweiz 2050“ des glp lab entstanden. Dabei wurden diese im Gesundheits-Team und z.T. mit externen Expert:innen diskutiert und kommentiert. Nichtsdestotrotz legen wir bei diesem Projekt wert darauf, dass individuelle und zum Teil unkonventionelle Sichtweisen und Ideen Raum finden.
Daniela Ebner
Transparenz-Fördererin
Dr. Wolfgang Elsenbast
Regulierungsökonom / Mediator
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